Eule 🦉
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Auf nach Japan

Heute früh habe ich ein Buch beendet, das mich wochenlang begleitet hatte: Japan - Abstieg in Würde von Wieland Wagner.
Eigentlich interessiere ich mich überhaupt nicht für Japan. Dieses Buch landete in meinem Regal, weil ich ein Sachbuch über Demografie suchte und dachte, es hiermit gefunden zu haben. Nicht ganz, wie sich herausstellte.

Im ersten Kapitel geht es tatsächlich um Demografie. Der Autor schreibt, wie er Japan früher erlebt hat und wie es heute ist, nämlich etwas trostlos. Das Land hat Probleme mit dem fehlenden Nachwuchs, der stetig alternden Bevölkerung und dem daraus folgenden Personalmangel in der Arbeitswelt. Das ist ein weltweiter Trend, doch in Japan zeigt er sich am deutlichsten.

In den restlichen vier Kapiteln geht Wieland Wagner auf Themen wie Fukushima, Geschichte, Wirtschaft und Politik ein. Ich hätte nichts dagegen, über jedes dieser Themen ein ganzes Buch zu lesen, denn das vorliegende Werk ist mit 248 Seiten leider zu kurz. Wieland Wagner zeichnet das Bild eines altehrwürdigen Landes, das den Anschluss an die Moderne verpasst hat und nun eine Überlebensstrategie braucht. Japan setzt auf Harmonie und vermeidet deshalb Konflikte. Ohne Konflikte und Diskussionen und Vergangenheistbewältigung ist Fortschritt schwierig. Wenn man die auftauchenden Probleme unter den Teppich kehrt und totschweigt, kann man nichts aus ihnen lernen. Im Buch wird das besonders im zweiten Kapitel Fukushima: Die verpasste Chance deutlich.

Auch im vierten Kapitel, Sony & Co.: Ein Nachruf geht es um vertane Chancen. Einst wurde die Welt überflutet mit japanischer Elektronik, doch heute hört man von japanischer Produktion kaum noch etwas. Der Autor begründet das mit der kulturellen Eigenheit der Japaner: Ein Handwerker arbeitet so lange an seinem Produkt, bis er in seinem Handwerk Vollkommenheit erreicht, für Änderungen oder gar Kreativität ist kein Platz.
Es gibt auch einen Exkurs in die Politik des Inselreichs. Selbst für Politikverweigerer dürfte das interessant sein. Wagner schreibt, dass die reformscheue Regierung Japans eher den "industriepolitischen Denkmalschutz" betreibe als dass sie versuchte, das Land in die Zukunft zu führen (das ist eh ganz modern heutzutage 😏).

Alles in allem war das eine spannende Lektüre. Ich vergebe vier von fünf Eulen. Eine Eule ziehe ich ab, weil mir stellenweise die Sprache nicht zusagte. Ein seriöses Buch vom Spiegel Buchverlag sollte auf umgangssprachliche Formulierungen möglichst verzichten.

Fazit: Für Japan-Einsteiger

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