Eule 🦉
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Das Wort zum Alltag

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Spurlos verschwunden

Vor ein paar Tagen habe ich auf einem meiner Instagram-Fotos ein Hörbuch entdeckt und mich gewundert, dass ich es offenbar gekauft und sogar gehört habe. Es ist mir völlig entfallen. Nein, der Roman ist kein billiger Unterhaltungsroman, sondern ein durchaus seriöser, von Kritiker:innen und Leser:innen gelobter und geliebter Roman. Ich habe ihn laut meiner Leseliste erst vor wenigen Wochen gehört - und ich kann mich nicht einmal mehr an die Namen der Figuren erinnern.
Welches Buch es ist? Ein untadeliger Mann von Jane Gardam. Es handelt von einem pensionierten Kronanwalt, der sein Leben rekapituliert und ein paar Dinge erledigen will, solange er dazu noch in der Lage ist.
Ein Buch ist nur dann gut, wenn es beim Lesenden Spuren hinterlässt. Der Kronanwalt ist bei mir einfach verpufft. Mir hat der Roman nicht sonderlich gefallen, mir war er zu gesetzt. Trotzdem, einfach so verschwinden?
Ein weiteres Buch, das sich aus meinem Kopf verabschiedet hat, habe ich sogar hier im Kanal vorgestellt, Die Überlebenden von Alex Schulman. Futsch.
Noch eines? Laut meiner Leseliste habe ich Stoner von John Williams gehört. Geschwafel über Geschwafel über das kleine Leben eines kleinen Mannes. Zu Recht von mir vergessen worden.
Ein Buch, das mir beim Lesen gut gefallen hat, jetzt aber dabei ist, sich auf Nimmerwiedersehen zu verabschieden, ist Von hier bis zum Anfang von Chris Whitaker. Ja, gut geschrieben, ja, eine unterhaltsame Geschichte. Trotzdem ist sie an mir vorbeigezogen, ohne sich irgendwo zu verhaken.
Das wünscht man keinem Buch, nicht einmal einem schlechten.

#euleliest #eulehört #janegardam #johnwilliams #alexschulman #chriswhitaker #spurlosesbuch
Elfenquatsch

Nicht direkt ein Kaminbuch, aber eindeutig ein Frustbuch: Der Winterkaiser von Katherine Addison.
Worum geht es?
Maia Drazhar, 18 Jahre alt, lebt mit seinem Vormund Setheris in der allertiefsten Provinz des Elfenlandes. Er ist der jüngste und ungeliebte Sohn des Elfenkaisers, halb Elf und halb Kobold. Seinen Vater hat er nur einmal aus der Ferne gesehen, die Mutter ist gestorben, Setheris hasst und misshandelt ihn. Maia kennt nur das kleine Gut, auf dem er aufgewachsen ist, hat so gut wie keine Bildung genossen - und wird nach einem Unfall, dem der Kaiser und dessen drei Söhne zum Opfer fallen, selbst zum Kaiser.

Klingt interessant, nicht wahr? Als ich von diesem Buch hörte, musste ich es einfach haben. Was bekam ich? Einen Monat Frustlesen.
Es ist nicht schlecht, es hat praktisch keine Stellen, die ich verabscheut habe, es ist bloß elend lang. Und es passiert - nichts. Kein Scherz. Das Buch ist eine Geschichte darüber, wie ein kluger und doch weltfremder junger Mann versucht in seine neue Rolle hineinzuwachsen. Er tastet sich an seine Aufgaben heran wie ein blinder Welpe. Ohne Hilfe wäre er verloren, die großen bösen Hunde würden ihn sofort fressen.
Erst ab Seite 300 (nach 60 % des Buches) kommt ein wenig Spannung auf, die nach einem Kapitel wieder verpufft. Das reicht bei weitem nicht, um das Buch zu retten. Ebenso reicht es für ein gutes Buch nicht, eine sympathische Hauptfigur in Gestalt von Maia in die Handlung zu schreiben. Er ist zu gut, zu edel, trifft die richtigen Entscheidungen. Da weint man als Leser:in fast Tränen aus Zucker. Das einzige, das Maia ein wenig menschlicher (auch wenn er ein Elfkobold ist) macht, ist seine traurige Vergangenheit.

Wenn die Autorin nicht immer wieder betont hätte, dass jemand die Ohren hängen lässt und die Geschichte im Elfenreich spielt, ich wäre nicht darauf gekommen. Es gibt NICHTS Elfisches an diesem Buch. 0,00 Prozent. Das Buch hätte in jeder anderen Fantasywelt spielen können. Was noch? Magie - ja, gibt es, wird ganze dreimal erwähnt bzw. angewendet. Neben Elfen und Kobolden bevölkern noch Oger diese Welt, letztere werden einmal erwähnt, sind also vielleicht auch bloße Hirngespinste. In Maias Welt gibt es Luftschiffe und dampfbetriebene Gerätschaften, d. h. das Buch ist eher Steampunk als Fantasy.

Das zentrale Thema des Romans ist der Brückenbau. Gemeint sind nicht nur Konstruktionen, die über ein Hindernis hinwegführen, sondern fortschrittliche Entscheidungen, die der neue Kaiser für das Land trifft. Ich fand es stellenweise zu dick aufgetragen.

Das Buch hat 541 Seiten. Die letzten 16 Seiten sind ein Anhang mit Erklärungen zur Elfenwelt und ein Glossar. Das Glossar haut einen um. Hätte ich zuerst einen Blick dort hineingeworfen, ich wäre in Panik geflohen und hätte das Buch sicher nicht mehr angerührt. Allein die Namen der verstorbenen Kaiser füllen ganze Seiten. Kein Name lässt sich auf Anhieb lesen, die meisten scheinen eine willkürliche Ansammlung von Buchstaben zu sein. Entsprechend hatte ich große Probleme, in das Buch "reinzukommen". Man weiß nicht, wer wer ist, alles klingt ähnlich und jeden verflucht man.

Alles in allem wird das wohl eines dieser spurlos verschwundenen Bücher, die nach dem Lesen sofort wieder aus dem Gedächtnis verschwinden. Bei mir wird es vielleicht ein-zwei Tage länger dauern, da ich es einen ganzen Monat lang gelesen habe. Ich werde es nicht vermissen.

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