Eule 🦉
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Gebt mir 'nen Ork!

Ich habe mal wieder ein Frustbuch erwischt. Offenbar kriege ich es kaum noch hin, einen Roman zu genießen. Ein Sachbuch - bitteschön, mehr davon! Ein Roman - der nächste, bitte.
Dabei habe ich mich auf dieses Buch gefreut und sogar beim Lesen der ersten Seiten gedacht: Oha, könnte was werden. Inzwischen bin ich auf Seite 125 und es nervt mich.

Mögliche Gründe:

1. Das Format = mal wieder eines dieser gehwegplattengroßen Bücher. Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich die nicht leiden kann? Man hat immer das Gefühl, festzustecken. Was haben die Verlage bloß gegen normale Taschenbücher? Ach, was frage ich. Ein Roman wird natürlich wegen des Geldes so aufgeblasen. Stellt man zwei davon ins Regal, hat ein drittes keinen Platz mehr. In eine Tasche passt es nicht. Beim Lesen kann man es nicht halten, das geht auf die Handgelenke. Kurz: pfui.

2. Es ist Steampunk. Wenn es ein Genre gibt, das ich nicht ausstehen kann, dann ist es Steampunk. Es muss schon mit dem Teufel zugehen, dass ich so ein Buch überhaupt in die Hand nehme. Bei dem aktuellen Roman habe ich gehofft, dass außer Luftschiffen nichts steampunkiges mehr kommt, aber offenbar ist dem nicht so. Hätte ich gewusst, dass Luftschiffe drin sind, hätte ich es gar nicht erst gekauft.
Erkenntnis: Leseproben haben einen Daseinszweck!

3. Elfen. Ich kann Elfen (Elben) nicht leiden. Bei Tolkien akzeptiere ich die, weil sie sich harmonisch in die Handlung einfügen und nicht aufmucken. Aber z. B. bei Bernhard Hennens Die Elfen bin ich gerade mal 100 Seiten weit gekommen, ehe es mir zu bunt wurde. Bei Pehov habe ich mich gefreut, dass der Autor sehr gruselige Elfen schreibt. Bei ihm sind sie eng mit den Orks verwandt und entsprechend hässlich, fies und blutrünstig. Pehov und Tolkien etc. haben die Elfen (Elben) nicht zu Hauptfiguren ihrer Bücher gemacht (vielen Dank dafür). Hennen schon. Das ganze ätherische Gedöns war mir zuviel. Außerdem die ständige Ehrerbietigkeit. Die kann ich nicht leiden.
Die Handlung des Buches, das ich gerade lese, Der Winterkaiser von Katherine Addison, spielt im Elfenreich. Also alles voller Elfen. Vor dem neugekrönten Kaiser werfen sich ständig alle zu Boden, und - ihr ahnt es - das kann ich nicht leiden. Wenigstens ist die Figur kein kompletter Vollidiot. Liegt wohl daran, dass er kein reinblütiger Elf ist, sondern ein Halb-Elf-halb-Kobold. Ja, so eine interessante Mischung. Deshalb lese ich es ja. Ein Halb-Kobold auf dem Elfenthron, das ist doch mal was.
Trotzdem hoffe ich, dass Orks auftauchen und alle vermöbeln, damit mal Action reinkommt.

#euleliest #frustbuch #derwinterkaiser #katherineaddison #alexeypehov #bernhardhennen #jrrtolkien
Elfenquatsch

Nicht direkt ein Kaminbuch, aber eindeutig ein Frustbuch: Der Winterkaiser von Katherine Addison.
Worum geht es?
Maia Drazhar, 18 Jahre alt, lebt mit seinem Vormund Setheris in der allertiefsten Provinz des Elfenlandes. Er ist der jüngste und ungeliebte Sohn des Elfenkaisers, halb Elf und halb Kobold. Seinen Vater hat er nur einmal aus der Ferne gesehen, die Mutter ist gestorben, Setheris hasst und misshandelt ihn. Maia kennt nur das kleine Gut, auf dem er aufgewachsen ist, hat so gut wie keine Bildung genossen - und wird nach einem Unfall, dem der Kaiser und dessen drei Söhne zum Opfer fallen, selbst zum Kaiser.

Klingt interessant, nicht wahr? Als ich von diesem Buch hörte, musste ich es einfach haben. Was bekam ich? Einen Monat Frustlesen.
Es ist nicht schlecht, es hat praktisch keine Stellen, die ich verabscheut habe, es ist bloß elend lang. Und es passiert - nichts. Kein Scherz. Das Buch ist eine Geschichte darüber, wie ein kluger und doch weltfremder junger Mann versucht in seine neue Rolle hineinzuwachsen. Er tastet sich an seine Aufgaben heran wie ein blinder Welpe. Ohne Hilfe wäre er verloren, die großen bösen Hunde würden ihn sofort fressen.
Erst ab Seite 300 (nach 60 % des Buches) kommt ein wenig Spannung auf, die nach einem Kapitel wieder verpufft. Das reicht bei weitem nicht, um das Buch zu retten. Ebenso reicht es für ein gutes Buch nicht, eine sympathische Hauptfigur in Gestalt von Maia in die Handlung zu schreiben. Er ist zu gut, zu edel, trifft die richtigen Entscheidungen. Da weint man als Leser:in fast Tränen aus Zucker. Das einzige, das Maia ein wenig menschlicher (auch wenn er ein Elfkobold ist) macht, ist seine traurige Vergangenheit.

Wenn die Autorin nicht immer wieder betont hätte, dass jemand die Ohren hängen lässt und die Geschichte im Elfenreich spielt, ich wäre nicht darauf gekommen. Es gibt NICHTS Elfisches an diesem Buch. 0,00 Prozent. Das Buch hätte in jeder anderen Fantasywelt spielen können. Was noch? Magie - ja, gibt es, wird ganze dreimal erwähnt bzw. angewendet. Neben Elfen und Kobolden bevölkern noch Oger diese Welt, letztere werden einmal erwähnt, sind also vielleicht auch bloße Hirngespinste. In Maias Welt gibt es Luftschiffe und dampfbetriebene Gerätschaften, d. h. das Buch ist eher Steampunk als Fantasy.

Das zentrale Thema des Romans ist der Brückenbau. Gemeint sind nicht nur Konstruktionen, die über ein Hindernis hinwegführen, sondern fortschrittliche Entscheidungen, die der neue Kaiser für das Land trifft. Ich fand es stellenweise zu dick aufgetragen.

Das Buch hat 541 Seiten. Die letzten 16 Seiten sind ein Anhang mit Erklärungen zur Elfenwelt und ein Glossar. Das Glossar haut einen um. Hätte ich zuerst einen Blick dort hineingeworfen, ich wäre in Panik geflohen und hätte das Buch sicher nicht mehr angerührt. Allein die Namen der verstorbenen Kaiser füllen ganze Seiten. Kein Name lässt sich auf Anhieb lesen, die meisten scheinen eine willkürliche Ansammlung von Buchstaben zu sein. Entsprechend hatte ich große Probleme, in das Buch "reinzukommen". Man weiß nicht, wer wer ist, alles klingt ähnlich und jeden verflucht man.

Alles in allem wird das wohl eines dieser spurlos verschwundenen Bücher, die nach dem Lesen sofort wieder aus dem Gedächtnis verschwinden. Bei mir wird es vielleicht ein-zwei Tage länger dauern, da ich es einen ganzen Monat lang gelesen habe. Ich werde es nicht vermissen.

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