Eule 🦉
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Das Wort zum Alltag

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Gestern landete die Autobiographie einer weltbekannten Opernsängerin in meinem Bücherregal. Bereits vor einigen Jahren habe ich - mit Staunen - festgestellt, das ich Biographien lesen mag. Insbesondere interessieren mich dabei die Lebensgeschichten von Schriftsteller*innen, Wissenschaftler*innen, Schauspieler*innen und anderen Persönlichkeiten von Weltrang. Ich könnte mich vermutlich nicht dazu verführen lassen, die Biographie eines Popsternchens oder eines Fußballstars zu lesen, weil ich mich weder für Popmusik noch für Fußball interessiere. Diese Welten sind mir fremd und die meisten in den Büchern auftauchenden Namen sagen mir nichts.

Es gibt auch Fälle, wo ich mich durchaus für die Person interessiert habe, die entsprechende Biographie aber nicht mochte. So geschehen mit "Ich bin so fry" von Stephen Fry. Nach gut 80 Seiten war Schluss. Ob es nun an dem schwerfälligen Text oder an meiner damaligen Lesestimmung lag, das Buch landete wieder im Regal und wird auf unbestimmte Zeit auch dort bleiben.
Die Autobiographie des inzwischen verstorbenen Christopher Hitchens, "The Hitch", las ich zwar komplett, doch die letzten gut hundert Seiten wurden von mir nur noch oberflächlich gelesen. Mit den meisten Begebenheiten und Namen konnte ich nichts anfangen und entsprechend zäh war die Lektüre.

Doch es gibt auch andere (Auto)Biographien. Jene, für die man sich die Nächte um die Ohren schlägt. Einige von diesen Büchern werde ich hier nach und nach vorstellen.

#euleliest
#biographie
Beim Umgestalten meiner Bücherregale vor einiger Zeit ist mir die ABBA-Biographie erneut in die Hände gefallen. Deshalb soll dieses Buch das erste sein, dass unter dem Hashtag #biographie hier im Eulenalltag vorgestellt wird. Ich las das Buch bereits vor acht Jahren und damals schrieb ich auch die Rezension.

Carl Magnus Palm - "Licht und Schatten. ABBA - Die wahre Geschichte"

Vor diesem Buch waren meine Kenntnisse über ABBA eher rudimentär ("Das sind die, die 'Dancing Queen' gesungen haben"), nach dem Lesen dieses über 600 Seiten dicken Schinkens fühle ich mich bestens informiert.

Das Buch ist in vier Teile gegliedert:

1. "Wie alles begann" - Kindheit und Jugend der vier ABBA-Mitglieder und ihres Managers Stig Anderson
2. "Der Marsch auf Waterloo" - Die Gruppe formiert sich und gewinnt den Grand Prix 1974 in Brighton
3. "Der richtige Zeitpunkt" - ABBA auf dem Höhepunkt ihres Schaffens
4. "Das ist unser Schicksal" - Auflösung der Gruppe, Scheidungen, finanzielle Verwicklungen

Ich hätte nie gedacht, dass eine Biografie so spannend sein kann, und hatte echte Schwierigkeiten, das Buch aus der Hand zu legen. Der Autor, laut Klappentext ein weltweit anerkannter ABBA-Historiker, schreibt sehr detailiert. Er beschreibt die Hintergründe von Personen und Handlungen, erläutert die politische Situation in den 70er Jahren in Schweden, und das alles ohne ins Staubtrockene abzudriften.

Es gibt wohl kaum jemanden, der den Namen ABBA noch nie gehört hat. Heutzutage hört man ihn des öfteren im Zusammenhang mit dem berühmten Musical "Mamma Mia!". Aber die Generation nach dem ABBA-Boom kennt "nur" noch die Musik, nicht mehr die Menschen, die diese Musik geschrieben haben. Das finde ich schade, denn diese Menschen waren und sind Künstler mit Leib und Seele, und dass sie so in Vergessenheit geraten sind haben sie nicht verdient.

Benny Andersson und Björn Ulvaeus waren Mitglieder von zwei verschiedenen, sehr erfolgreichen Bands. Sie lernten sich kennen und begannen gemeinsam Musik zu komponieren.
Später gründeten sie gemeinsam mit ihren jeweiligen Lebensgefährtinnen Anni-Frid "Frida" Lyngstad und Agnetha Fältskog eine Band. Die beiden Frauen waren ebenfalls bereits erfahrene Sängerinnen, Agnetha war sogar Songschreiberin. Die Gruppe hatte Anfangs eher mäßigen Erfolg, schaffte dann aber letztendlich mit "Waterloo" 1974 den Durchbruch.
Carl Magnus Palm schreibt über Anfeindungen im eigenen Land, über Probleme der Künstler und ihres Managers Stig Anerkennung unter ihren Landsleuten zu finden. Das hat mich besonders überrascht, die Gruppe hatte schließlich Megaerfolg in Europa, Australien, Japan und sogar in Südamerika, aber in Schweden hatte sie es nicht leicht.

Alles in allem ein "WOW"-Buch. Ich bin praktisch durchgerauscht. Der Autor des Buches hat die Entstehungsgeschichte von vielen bekannten Songs detailliert beschrieben, wenn man diese Geschichten im Kopf hat, klingen die Songs gleich noch viel besser. Wusstet ihr, dass der Song The Story Of My Life einfach nicht entstehen wollte? Die beiden Musiker haben hin und her experimentiert, nichts schien so zu werden, wie sie sich den Song vorgestellt hatten. Als dann die Musik endlich fertig war, fehlte noch der Text und Björn betrank sich schließlich und schrieb den Text innerhalb einer Stunde. Daraus wurde The Winner Takes It All, der wohl bekannteste ABBA-Song.

#euleliest #biographie #buchtipp
Hier kommt eine weitere Biographie, eine, die sogar etwas mit meinem bevorzugten Genre Science-Fiction zu tun hat: die Autobiographie von William Shatner.
Das Buch las ich bereits 2015 und aus jenem Jahr stammt auch die Rezension, veröffentlicht im Forum von Literaturschock.de

"Durch das Universum bis hierher. Die Autobiographie" von William Shatner, Co-Autor David Fisher

Der Name James T. Kirk dürfte wohl so ziemlich jedem auf diesem Planeten bekannt sein. "Star Trek" ist Kult, das TV-Universum expandiert immer weiter und ein Ende ist nicht in Sicht. William Shatner, der den Captain verkörperte, gelangte durch "Star Trek" zu Weltruhm.
Aber Shatners Karriere begann nicht erst mit Kirk. Schon in der Jugend stand der heranwachsende Bill gerne auf der Bühne. In seiner Autobiographie erwähnt Shatner hunderte von Bühnen-, TV- und Kino-Produktionen, an denen er mitgearbeitet hat. Das ist eine ganz schön beeindruckende Liste.
Er war schon immer mit Leib und Seele Schauspieler, doch der Durchbruch ließ auf sich warten. Immer wieder sagte man ihm: "Das ist es, Bll. Das Projekt wird dich ganz sicher, hundertprozentig, ohne jeden Zweifel zum Star machen!". Ein solches Projekt war leider nie dabei, obwohl Shatner fast jeden Job annahm, den man ihm anbot. Er schreibt, er habe fast 20 Jahre lang keinen Urlaub zu machen gewagt, aus Angst ein Angebot zu verpassen. Doch trotz der vielen Rollen war Shatner jahrzehntelang chronisch pleite. Nach dem Aus von "Star Trek" lebte er in seinem Auto. Selbst als die Serie durch die Wiederholungen im Fernsehen immer bekannter wurde, hatte Shatner nichts davon, denn damals bekam ein Schauspieler von den Sendern noch keine Provision.

Ich habe dieses Buch inhaliert, so gut fand ich es. Für mich war Shatner immer nur Captain Kirk und später dann der verrückte Denny Crane aus "Boston Legal", ich hatte keine Ahnung, was sonst noch in seinem Leben los war. Da war einiges! Seine erste Reise nach New York legte er in einem Kanu zurück, er ging auf Bärenjagd, er verfolgte in Afrika aus Neugier einen Elefanten, er verlor Geld an der Börse, er erfand ein Alien in der Wüste, er sagte so gut wie nie Nein zu einem Angebot und war in Reality-Shows, Game-Shows etc. präsent, er setzte sein erstes Kinofilm-Regie-Projekt "Star Trek V" wegen Budget-Problemen fast in den Sand, er verlor seine dritte Frau durch Alkohol, er trägt - möglicherweise - ein Toupet (verrät er aber nicht). Er hat ein außergewöhnliches Leben geführt, viel erlebt, Gutes wie Schlechtes, sich aber niemals unterkriegen lassen.

Der Erzählstil ist herrlich - klar, bewegend und humorvoll, ein Erlebnis. Manchmal schweift Shatner ab und man findet sich als Leser plötzlich an einem ganz anderen Punkt des shatnerschen Lebens wieder. Das kann einen verwirren, aber nicht vom Weiterlesen abhalten.

Der Shatman lebt!

#biographie
#euleliest
#startrek
Wenn ich schon Shatners Biographie hier vorgestellt habe, kann ich die von Leonard Nimoy gleich hinterher posten. Gelesen und rezensiert habe ich das Buch Anfang 2017, der Original-Text ist hier.

"Spock und ich. Mein Freund Leonard Nimoy" von William Shatner

Schon Shatners Autobiografie habe ich mit Vergnügen gelesen, aber der bekannteste Charakter aus "Star Trek" ist doch eher der Halb-Vulkanier Spock. Seine Entstehung sowie die Lebensgeschichte des Spock-Darstellers Leonard Nimoy haben mich sehr interessiert. Es gibt zwei Autobiografien von Nimoy ("Ich bin nicht Spock" und "Ich bin Spock"), aber die Preise für diese Bücher... Also nein, bei aller Liebe... Deshalb war ich begeistert, als ich "Spock und ich" entdeckte. Ich bin kein Trekkie, der Originalserie kann ich nicht viel abgewinnen. Aber ich bewundere, was daraus geworden ist und wie diese Serie die Welt verändert hat.
"Star Trek" verdankt seinen Ruhm unzähligen Menschen, die daran mitgearbeitet haben sowie natürlich den leidenschaftlichen Fans der Serie. Hätte es ohne Spock einen solchen Hype gegeben? William Shatner beantwortet diese Frage ganz klar mit "Nein".

Das Gesicht von Leonard Nimoy alias Spock kennt wohl jeder, ob nun mit oder ohne die spitzen Ohren. Aber Nimoy war weitaus mehr als nur ein kultiger Außerirdischer. Er war Dichter, Fotograf, Schauspieler, Sänger (nun ja...), gläubiger Jude, Schauspiellehrer, Besitzer einer Tierhandlung, Gelegenheitsarbeiter, Alkoholiker, gefragter Bühnendarsteller, Regisseur, Ehemann und Vater und ein treuer Freund. Für ihn war "Star Trek" nur ein Lebensabschnitt, von dem er aber nie mehr ganz loskam, so sehr er es auch versuchte. Shatner beschreibt seinen Freund als jemanden, der sich einer Sache ganz oder gar nicht widmete, an einer Stelle nennt er es Spockigkeit, was Nimoy vermutlich am besten charakterisiert.

Shatner hat einen tollen, interessanten und heiteren Erzählstil, wobei wohl einiges davon auch auf das Konto von Co-Autor David Fisher geht. In diesem Buch kommen Freunde, Kollegen und Angehörige zu Wort, so dass ein vielschichtiges Porträt von Leonard Nimoy entsteht.
William Shatners eigene Autobiografie erschien 2009, also kurz vor dem "Star Trek"-Neustart, so dass sein Buch nicht auf die neue Generation der "Enterprise"-Besatzung eingeht. In "Spock und ich" spricht er darüber, zugleich ein wenig wehmütig und hoffnungsvoll, dass es noch nicht vorbei ist mit "Star Trek"-Welt.

Leonard Nimoy starb im Februar 2015. Aber Spock ist unsterblich geworden, nicht zuletzt dank ihm.

#euleliest
#biographie
#startrek
Eines der letzten Telegram-Updates erlaubt es mir, ältere Beiträge zu aktualisieren. Vorher konnte man das nur innerhalb von 24 Stunden nach dem Erstellen eines Beitrags tun. Ich bin also jetzt fleißig dabei, die Hashtags nachzutragen.

Hier im Eulenkanal kann man jetzt also suchen nach:

#euleliest - über gelesene Bücher
#euleschreibt - Neues aus dem Autorinnenleben einer Eule
#euleguckt - über Filme und Serien
#eulehört - Hörbücher
#eulenalltag - Beobachtungen
#büroeule - auch eine Eule braucht Mäuse, der tägliche Bürowahnsinn
#leutegibts - Leute gibt's, die gibt's gar nicht!
#sciencefiction #fantasy #romantasy #biographie - Büchergenres
#links - interessante Links
#Katzen - Stubentiger-Alarm

Ergänzungen folgen...
"Die Liebe hat elf Dimensionen. Mein Leben mit Stephen Hawking" von Jane Hawking

Als Jane Wilde 1965 den Kosmologen Stephen Hawking heiratet, weiß sie bereits von seiner Krankheit. Die ärztlichen Prognosen lauten, dass Stephen noch ca. 2 Jahre zu leben hat. Doch Jane liebt ihren Stephen und ist bereit, mit ihm durch Dick und Dünn zu gehen, ihn zu pflegen, mit ihm glücklich zu werden. 25 Jahre lang bleibt sie an seiner Seite, als Ehefrau, Mutter seiner drei Kinder, Krankenschwester, Finanzverwalterin, Organisatorin, Reisebegleiterin. Ihr eigenes Leben, die Liebe zur spanischen Literatur, ihre Bedürfnisse spielen schon nach kurzer Zeit keine Rolle mehr, sie wird nur als unvermeidliches Anhängsel des immer berühmter werdenden Physikers angesehen. Der Druck, dem sie fortwährend ausgesetzt ist, nimmt immer weiter zu. Sie sucht Trost in der Musik, der Religion und der platonischen Liebe zu ihrem Chorleiter Jonathan.

Kurz: Kein Stephen ohne Jane!

Den Namen Stephen Hawking (1942 - 2018) kennt wohl jeder. Und selbst jemand, der das nicht tut, hat schon einmal ein Foto von ihm gesehen, eine an den Rollstuhl gefesselte, gelähmte, verdrehte Gestalt mit einem genialen Verstand. Doch wer weiß schon, wie er zu dem wurde, der er ist? Wer kennt die Menschen, die ihn beim Erklettern der Gipfel der Wissenschaft unterstützt haben? Wer kennt den Menschen hinter dem Physiker?

Ich war ganz gefesselt von dem Buch, denn auch ich hatte recht wenig Ahnung von Hawking, außer dass er DER Stephen Hawking ist, der unermüdliche, kämpferische Forscher im Dienste der Physik. Ich habe mir nie Gedanken gemacht darüber, wie er das geschafft hat mit seiner gefährlichen Krankheit. Jane Hawkings Buch lässt hinter die Kulissen blicken.
Jane ist zu Beginn der Geschichte eine abenteuerlustige, offene junge Frau, der nichts unmöglich erscheint. Sie ist fest davon überzeugt, alles zu schaffen, was das Leben von ihr verlangen könnte. Im Laufe der Jahre aber werden ihr immer deutlicher ihre Grenzen klar. Ihr Mann will sich von niemand anderem betreuen lassen, ja er ist nicht einmal bereit, über seine Krankheit zu sprechen. Jane bekommt weder von seiner Familie noch vom britischen Gesundheitssystem Unterstützung. Jede Bitte um Hilfe, die sie vorzubringen wagt, wird als Verrat angesehen, als Versuch, ihren immer pflegebedürftigeren Mann abzuschieben. Sie muss ihn auf Reisen begleiten, sich um die beiden kleinen Kinder kümmern, den Haushalt führen, Gäste empfangen. Auch eine stärkere Person würde irgendwann ihre Kraftreserven aufgebraucht haben. Es wird so schlimm, dass sie über Selbstmord nachdenkt, und noch immer steht sie allein da. Erst als sie einen Mann kennenlernt, der ihr seine Hilfe anbietet, gibt es einen Lichtblick für sie. Dann bekommt Stephen Hawking eine Lungenentzündung und in der Folge verliert er die Fähigkeit zu sprechen.

Die Entwicklung der Figuren zu beschreiben hat Jane Hawking gut hinbekommen. Ihr Mann war schon immer starrsinnig, doch im Laufe der Zeit gesellt sich noch die Geltungssucht dazu samt der Unfähigkeit zu erkennen, dass sich nicht alles im Leben um die Physik dreht. Diese Wissenschaft nennt Jane Hawking übrigens "die Geliebte", die immer und überall mit dabei ist. Hawking wird launischer, mißtrauischer, verschlossener Jane gegenüber und letztendlich auch manipulierbarer durch Dritte. Genau wie Jane fand ich diese Veränderung traurig und deprimierend. Nach über 20 Jahren wird sie endgültig aus seinem Leben gedrängt, als sei sie lästig und unnütz geworden. Zum Glück tastet sich Jane nach und nach zu ihrem alten Selbst zurück und das Nachwort klingt ganz versöhnlich.

Rezension zuerst veröffentlicht hier.

#biographie #euleliest
"Joseph Anton. Die Autobiographie" von Salman Rushdie

Den Namen Salman Rushdie dürfte selbst derjenige schon einmal gehört haben, der keine Bücher liest. Ich selbst hörte ihn zuerst als Teenie, als die Nachricht über die Fatwa um die Welt ging.
Die Geschichte beginnt mit dem wohl wichtigsten und beängstigendsten Erlebnis im Leben des damals schon bekannten Salman Rushdie - am Valentinstag 1989 verhängt der iranische Ayatollah Khomeini die Fatwa über ihn. Zum Tode verurteilt wurde der Autor für sein Buch Die satanischen Verse, das angeblich den Islam, den Koran und den Propheten beleidigt. Es hatte zuvor schon Demonstrationen und Ausschreitungen gegeben, aber erst mit der Fatwa wird die Sache für Rushdie richtig ernst. Er muss mit seiner Frau untertauchen, bekommt Polizeischutz und wird praktisch zum Schweigen verdammt. Aber Salman Rushdie ist niemand, der einfach aufgibt. Er kämpft sich gegen alle Anfeindungen, Drohungen und Versuche, ihn mundtot zu machen, wieder an die Öffentlichkeit und kämpft für das Recht auf Meinungsfreiheit.

Rushdie erzählt zunächst, wie seine Eltern ihn auf eine Schule in Großbritannien schicken, wie er später Geschichte studiert und als Werbetexter sein Geld verdient. Als er beschließt, Schriftsteller zu werden, ist die Reaktion seines Vaters alles andere als begeistert. Sein zweites Buch, Mitternachtskinder, macht ihn berühmt, die Satanischen Verse schließlich berüchtigt. Wegen der Morddrohungen muss er ständig umziehen, auf eigene Kosten. Ihm wird zwar Polizeischutz gewährt, jedoch sehr widerwillig, um alles andere muss er sich selbst kümmern. Er bekommt sehr viel Unterstützung von seinen Freunden, ohne die er es vermutlich nicht geschafft hätte.
Sehr detailliert beschreibt er seine Bemühungen, wieder ein normales Leben zu führen. Auf Politiker, besonders die der britischen Regierung, braucht er dabei nicht zu zählen, die britische Regierung ist der Ansicht, er sei selbst an allem schuld, und außerdem habe er ja nichts Nützliches für das Land getan. Die Briten regen sich erst, als Rushdie andere Regierungen dazu bringt, ihm zur Seite zu stehen.

Das Buch ist nicht in der ersten Person geschrieben, was mich sehr irritiert hat, sondern in der dritten. Der Autor ist dabei immer nur "er". Das lässt die Handlung etwas distanziert wirken, was vermutlich Absicht ist. Der Protagonist hat einen Namen, wird aber nie bei ebendiesem genannt. Das ist insbesondere dann sehr verwirrend, wenn im gleichen Absatz oder im vorherigen bereits von einer anderen männlichen Figur die Rede ist. Diese Art, die Geschichte zu erzählen, zeigt, dass der Autor selbst zeitweise nicht mehr genau wusste, wer der denn nun ist. Ist er Salman, der ganz normale Mann, Ehemann, Vater, Schriftsteller? Ist er der "verfluchte Rushdie", dem die halbe Welt nach dem Leben trachtet, und der täglich ganze Wagenladungen an Beleidigungen, Unterstellungen und dreisten Lügen in der Presse abbekommt? Ist er der geheimnisvolle amerikanische Verleger Mr. Joseph Anton, genannt Joe, der nur in gepanzerten Wagen durch die Stadt fahren darf und wegen der Präsenz von vier ständig anwesenden Polizisten manchmal den Verstand zu verlieren droht?

Dieses Buch ist spannender als so mancher Thriller, den ich in den letzten Jahren gelesen habe. Ich habe für dieses Werk mit annähernd 800 Seiten nur zwei Tage gebraucht und bis drei Uhr Morgens gelesen, nicht zuletzt wegen der phantastischen Erzählweise von Salman Rushdie. Es ist ein außergewöhnliches Buch über und von einem außergewöhnlichen Menschen.

Fazit: Ein hochinteressantes und wichtiges Buch über einen Menschen, der für sein Recht auf freie Meinungsäußerung kämpft.

Zuerst veröffentlicht: hier.

#euleliest #biographie #salmanrushdie #buchtipp
Wer die Berichte über und aus Belarus verfolgt, stößt vielleicht aktuell immer wieder auf den Namen Swetlana Alexijewitsch. Alexijewitsch hat vor 5 Jahren den Literaturnobelpreis bekommen. Im Zuge der damaligen Berichterstattung hatte ich mir auch die Bücher dieser bemerkenswerten Autorin angesehen. Eines habe ich gelesen, die anderen warten noch. Inzwischen habe ich nicht nur die ebooks auf meinem Kobo, sondern auch die Hardcover im Regal.
Das Buch, das ich vor fünf Jahren las, hieß "Der Krieg hat kein weibliches Gesicht". Ich war zunächst an eine alte Version geraten, als mir das klar wurde, kaufte ich die aktuelle ebook-Version - und las das Buch nochmal. Ich glaube, zwischen den beiden Lesedurchgängen lagen keine zwei Wochen. Auf diese Weise konnte ich beide Fassungen vergleichen.
Nachfolgende Rezension schrieb ich 2015.

https://telegra.ph/Rezension-Der-Krieg-hat-kein-weibliches-Gesicht-09-10

#euleliest
#swetlanaalexijewitsch #derkrieghatkeinweiblichesgesicht #biographie #жывебеларусь
Lesebericht

Vorgestern habe ich mit dem eBook Meine dunkle Vanessa von Kate Elizabeth Russell angefangen. Es ist ein Roman über eine junge Frau, die als Schülerin eine sexuelle Beziehung mit ihrem Englischlehrer hatte. Eine andere ehemalige Schülerin von Mr Strane bezichtigt ihn Jahre später des sexuellen Missbrauchs und erhofft sich Unterstützung von Vanessa. Vanessa muss nun ihre Erinnerungen sortieren und neu bewerten.
Noch kann ich nicht viel zu dem Buch sagen, weil ich erst auf Seite 50 bin. Aber es ist schon mal sehr gut geschrieben. Man "rutscht" sofort in die Handlung hinein.

Als nächstes ist eine Biographie bzw. ein Sachbuch geplant. Nur welches? Ich habe so viel Auswahl, dass ich jedes Mal vor dem Bücherregal stehe und grüble. Und mich dann für ein "leichtes" eBook entscheide.

Zur Auswahl stehen diesmal:

Heiliger Zorn. Wie die frühen Christen die Antike zerstörten von Catherine Nixey
Einer von uns. Die Geschichte des Massenmörders Anders Breivik von Åsne Seierstad
und
Permanent Record. Meine Geschichte von Edward Snowden

Welches soll ich nehmen? Hilfe!
Ich glaube, ich starte mal eine Umfrage. Die letzte ist ja schon eine Weile her. Das Buch, das die meisten Stimmen bekommt, lese ich und rezensiere es hier anschließend.

#euleliest
#biographie #metoo #sachbuch
#meinedunklevanessa #kateelizabethrussell
#umfrage
#heiligerzorn #catherinenixey #einervonuns #asneseierstad #permanentrecord #edwardsnowden
"Einer von uns. Die Geschichte eines Massenmörders" von Åsne Seierstad

Dieses Buch war schwer zu lesen uns ist noch schwerer zu rezensieren. Es ist die Biografie des norwegischen Massenmörders Anders Breivik, der 2011 auf der Insel Utøya fast 70 Menschen, überwiegend Jugendliche, erschoss.
Neben Breiviks Leben wird auch das Leben von einigen jungen Menschen erzählt, z. B. Bano Rashid, deren Familie aus dem Irak geflohen war. Die kurdische Familie beantragte in Norwegen Asyl. Bereits als Kind begann sich Bano für die Politik zu interessieren und trat als Teenager in die Sozialdemokratische Partei ein.
Man liest detailliert über Bano und ihre Parteifreunde und fragt sich die ganze Zeit, ob die drei unter den Opfern auf der Insel sein werden oder nicht. Das geht an die Nieren, denn bereits im Prolog stehen die ersten Morde an Jugendlichen. Waren Bano, Simon und Anders dabei? Man erfährt es erst am Ende.

Das Hauptaugenmerk des Buches liegt aber eindeutig auf Anders Breivik. Der Vater ließ sich von Anders' Mutter schon nach wenigen Monaten scheiden, so dass der Junge später nur wenig Kontakt zu ihm hatte. Die Mutter war mit zwei Kindern überfordert, so dass sich das Jugendamt einschalten musste.
Anders wollte nach oben, der Beste und der Anführer sein. Aber was er auch anfasste, es hielt nicht. Das Versagen verfolgte ihn an allen Fronten. Erst gehörte er einer Gruppe von Sprayern an, später trat er der rechtspopulistischen Partei bei, gründete eine Firma, dann die nächste, wurde zu den Freimaurern eingeladen - und nichts davon klappte so recht. Die Sprayer mobbten ihn raus, weil er sich nicht an deren Regeln hielt, in der Partei bekam er nicht den gewünschten Posten, die Firmen musste er aus verschiedenen Gründen aufgeben, und die Freimaurer interessierten ihn schon bald nicht mehr. Dafür entdeckte er die Welt der Computerspiele, in die er für Jahre abtauchte. Als er daraus wieder auftauchte, war er zu dem geworden, den die Welt als Massenmörder von Oslo und Utøya kennenlernen sollte.

Die Autorin Seierstad hat einen relativ trockenen Schreibstil, aber sie kann gut erklären, Zusammenhänge herstellen und die Hintergründe ans Licht ziehen. Für ihr Buch hat sie sich an allen ihr verfügbaren Quellen bedient. Mir hat ihre Art des Schreibens so gut gefallen, dass ich mir, als ich noch nicht einmal ein Drittel dieses Buches gelesen hatte, schon das nächste bestellte.

Die Details, die einem hier geboten werden, können erschlagen. Seierstad seziert die Geschehnisse so, dass ich das Buch mal weglegen wollte und mal nicht schnell genug weiterlesen konnte. Sie schreibt über die Kindheit von Simon genauso detailliert wie über Breiviks Bombenbau (das ist fast schon eine Anleitung, also Vorsicht!). Jede Minute des Anschlags in Oslo wird genau beschrieben. Hier bekommt man als Leser fast den ersten Herzinfarkt, denn die Unfähigkeit der norwegischen Polizei an diesem Punkt ist haarstäubend. Die ist völlig hilflos, dabei hätte sie Breivik schon relativ früh schnappen können, wenn sich die Beamten in dem einen Streifenwagen an ihre Befehle gehalten hätten.
Die Morde auf der Insel sind das zweite Herzinfarktrisiko. Ich lese nicht oft Thriller, aber wenn, dann machen mir blutrünstige Szenen nicht viel aus. Aber hier ist es echt. Es ist wirklich passiert. Diese Menschen sind nicht der Phantasie eines Schriftstellers entsprungen. Seierstad beschreibt Breiviks methodisches mörderisches Vorgehen so plastisch, dass einem wirklich schlecht werden kann.

Eines der schwersten und verstörendsten Bücher der letzten Jahre. Nicht für jeden.

#euleliest #asneseierstad #einervonuns #biographie
Schweigt nicht! Reden vor Gericht von Alexei Nawalny

Vor genau einem Jahr saß ich, wie viele andere Menschen auch, sprachlos vor dem Newsfeed. Die Schlagzeilen verkündeten, der russische Oppositionelle Alexei Nawalny sei im Flieger zusammengebrochen. Es folgten eine Notlandung in der sibirischen Stadt Omsk und die Einlieferung des Politikers in die Notaufnahme. Fast sofort wurde über eine Vergiftung spekuliert. In den folgenden Tagen ging es drunter und drüber, die Wellen schlugen hoch, und der Name Nawalnys war minütlich in den Medien, auch in den westlichen.
Es kam heraus, dass Nawalny mit dem Nervengift Novitschok vergiftet worden war, einem militärischen Kampfstoff. Zugang zu diesem Gift haben nur wenige, den Befehl zu der Verwendung kann nur von ganz oben kommen, sprich: von Präsident Wladimir Putin selbst oder seinen engsten Mitarbeitern.
Dieser Vorfall hat die Weltpolitik gehörig aufgemischt, zumindest am Anfang. Ein weiteres Mal ging es hoch her, als Nawalny nach seiner Behandlung in der Berliner Charité nach Russland zurückkehrte. Bis zur Passkontrolle kam er gar nicht erst, man nahm ihn wegen des Verstoßes gegen seine Bewährungsauflagen fest.
Was anschließend folgte, war ein so absurder Gerichts-Zirkus, wie man ihn sich nicht ausdenken kann. Mit einem Gericht oder gar Gerechtigkeit hatten diese Veranstaltungen rein gar nichts zu tun. Ich selbst verfolgte – erneut sprachlos, diesmal vor Unglauben – diese sogenannten Verhandlungen im Live-Ticker.
Während der Verhandlungen hat Alexei Nawalny Reden gehalten, „letzte Worte“, aber nicht nur. Diese liegen jetzt in gedruckter Form und in deutscher Übersetzung vor.

Die Reden kannte ich bereits, die sind alle auf YouTube zu finden. Aber natürlich ist es schön, sie auch gedruckt in den Händen zu halten. Ohne mir den Klappentext durchzulesen, kaufte ich das Buch. Zwar hätte ich mir eine russische Ausgabe gewünscht, aber was soll’s, dazu wird es in den nächsten Jahren wohl eher nicht kommen. Aber dann die Überraschung: das Buch beinhaltet auch die Reden im russischen Original.

Das Buch – ein winziges Büchlein von knapp 100 Seiten – enthält vier Reden, die typisch Nawalny sind. Er ist ein hervorragender Redner, seine Worte sind stets punktgenau, leidenschaftlich, aufrüttelnd. Man hört ihm zu und denkt: Ja! Das kann ich!
Weil er sich immer wieder auf Ereignisse bezieht, die in Russland stattgefunden haben oder immer noch stattfinden, und die für ausländische Leser vielleicht nicht ganz verständlich sind, enthält das Buch etliche Fußnoten, Anmerkungen und Erläuterungen. Die sind natürlich nicht sehr ausführlich, was bei dem kleinen Buchumfang kein Wunder ist. Aber wenn man zusätzliche Infos wünscht, kann man diese googeln.
Die Aussagen Nawalnys lassen sich in wenigen Sätzen zusammenfassen: Veränderung ist möglich. Tretet für eure Rechte ein. Schweigt nicht. Bekämpft Korruption.

Zur Zeit sitzt Nawalny im Gefängnis und wird dort vermutlich nie wieder herauskommen, jedenfalls nicht so lange Putin regiert. Er ist allerdings bereits in die Geschichte eingegangen, nicht nur, weil er Novitschok überhabt hat, sondern auch, weil er einen unerschütterlichen Glauben an ein besseres Russland hat und alles tut, um dieses Russland zu ermöglichen.
Dieses Buch ist hoffentlich nicht das letzte von und über Nawalny.
In meinem Regal hat es Platz neben dem Buch mit den Zitaten von Nelson Mandela gefunden, dort passt es genau hin.

#euleliest #nawalny #biographie
Beendet: *Will. Die Autobiografie* von Will Smith & Mark Manson.
Demnächst mehr dazu.
#euleliest #biographie #willsmith