Eule 🦉
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Glaub es oder glaub es nicht

Ich habe ein Problem mit meinem aktuellen Buch, Die Reise von Marina Lostetter.
Die Idee hat mich angesprochen, der Text liest sich leicht, aber ich komme nicht voran. Nach mehr als einer Woche habe ich noch immer nicht die 100. Seite geknackt.

Worum geht es?
Anfang des 22. Jahrhunderts hat die Menschheit sich auf die Werte besonnen, wie sie in Star Trek nicht besser hätten sein können. Nein, es ist kein Star Trek-Roman. Die da wären: Es gibt keine militärischen Konflikte mehr, die Ressourcen werden so verteilt, dass alle ein Stück vom Kuchen abbekommen, die Gefahr der Überbevölkerung ist gebannt. Idylle pur. Zu Forschungszwecken werden 12 Raumschiff-Konvois mit je 9 Schiffen gebaut, mit dem Ziel, die Galaxis zu erkunden. Einer dieser Konvois fliegt zu dem mehrere Hundert Lichtjahre entfernten Stern LQ Pyx, weil dieser ein auffälliges Strahlungsverhalten zeigt. Ein Teil von ihm scheint von etwas verdeckt zu sein. Eine Dysonsphäre? Oder etwas Natürliches und bis dato Unbekanntes?

Allein die Erwähnung des Aufbruchs der Menschheit ins All lässt mich alles vergessen und kopflos hinter dem Buch herjagen. Wenn die Reise auch noch Ewigkeiten dauert und die Besatzung immer wieder geklont wird - woho, bitte mehr davon.
Was stimmt also nicht?
Ich kann nicht genau den Finger darauf legen. Vielleicht ist es die Unglaubwürdigkeit der Ausgangsidee: die Idylle. Nie. Im. Leben. Glaube. Ich. Dass. Sich. Die. Menschheit. Zu. So. Einem. Projekt. Aufrafft. Es geht schließlich nicht um die Gefahr einer Invasion, nicht um wirtschaftliche Interessen, nicht um das Ende der Welt, es geht tatsächlich um die Neugier, den Drang, Neues zu entdecken, zu forschen. 108 Raumschiffe, gigantische, stadtgroße Dinger zu bauen und zu bestücken, ca. 100.000 Menschen pro Konvoi zu klonen und auszubilden - echt jetzt?! So viel Naivität verursacht bei mir nur hysterisches Gelächter.
Dann wäre da noch die episodenhafte Erzählweise. Ich bin ja dummerweise davon ausgegangen, dass wir die Reise des Konvois erst zu lesen bekommen, wenn dieser das Ziel erreicht hat und versucht herauszufinden, was diesen Stern so besonders macht. Aber nein. Es geht los mit Reggie, der den Stern entdeckt hat, dann mit der ersten Generation auf dem Schiff, und vermutlich wird jede weitere Generation auch zum Zuge kommen. Ich will nicht bis zum letzten Viertel des Buches auf die hypothetische Dysonsphäre warten. Ok, da sind meine Erwartungen nicht erfüllt worden, kommt vor, vielleicht wird ja doch noch alles gut. Das kriege ich schon verdaut.
Am ersten Punkt, der Friede-Freude-Eierkuchen-Welt werde ich aber möglicherweise ersticken. *hust*

Bleiben Sie dran. Es geht bald weiter.

#euleliest #diereise #sciencefiction #marinalostetter
Das Ende einer Reise

Abschließende Meinung zum Roman Die Reise von Marina Lostetter. Erster Teil ist hier zu finden.

Achtung, Spoiler!

Es gibt zwei Stellen im Roman, bei denen ich so gespannt war, dass ich an nichts anderes denken konnte als endlich weiterzulesen. Als der Konvoi endlich die Erde erreicht und alle Kommunikationskanäle schweigen. Und als die Verhandlungen mit der Erde ihre katastrophalen Nachteile offenbaren.
Lob Ende.
Diese beiden Ereignisse nehmen ein paar Seiten ein, sie sind inmitten langer Kapitel versteckt.

Der Rest ist eine episodenhafte Geschichte, die, genau wie der deutsche Titel sagt, eine Reise beschreibt, mit Höhen und Tiefen und ohne viel Schnickschnack. Die Autorin stellt ein paar Gedankenspiele vor, die an sich ja ganz interessant sind, die jedes für sich durchaus ein eigenes Buch verdient hätten. Wie entwickelt sich eine isolierte Gesellschaft innerhalb von ein paar Generationen? Welche Gesellschaftsformen können entstehen? Wie wäre es, ins 42. Jahrhundert zu reisen? Das Problem (vielleicht nur meines) ist, dass gleich das erste Kapitel falsche Erwartungen weckt. Der Leser soll mit dem Konvoi zu einem fernen Stern reisen, um diesen zu untersuchen. Der Konvoi erreicht den Stern, sämtliche Entdeckungen werden in einem Kapitel abgehandelt und schon geht's zurück zur Erde. Es ist eine Reise durchs All, verlixtnochmal. Wo bleiben die typischen Probleme einer Reise in einem Raumschiff? Es gibt keine. Bis auf eine Katastrophe (ein Schiff des Konvois wird zerstört, man baut mal eben ein neues) läuft alles völlig easy. Nie, nicht eine Seite lang, nicht einmal an Bord des fremden Objekts, kommt die Stimmung von RAUMFAHRT auf.

Dann die Erde. 42. Jahrhundert. Zweiundvierzigstes! Jahrhundert! Die Autorin hält sich nicht damit auf, ihren Lesern diese Zukunft zu zeigen. Ok, es gibt jetzt eine Art Telepathie. Aber das kann doch nicht alles sein. Als Leser bleibt man ratlos, hat keinen Schimmer vom Leben, dem technologischen und gesellschaftlichen Stand der Dinge in der Zukunft (außer, dass wirtschaftliche Interessen immer noch eine große Rolle spielen, Überraschung...)

Ja, ich bin sauer (das ist kein Spoiler), weil ich nicht das bekommen habe, was ich erwartet habe. Aber auch, weil Marina Lostetter die Entwicklungen nur in Umrissen zeigt. Sie versucht nicht einmal, dem Leser den wohligen Schauer zu bescheren, der entsteht, wenn die Rede vom "großen Schritt für die Menschheit" ist. Die Gedankenexperimente in allen Ehren, aber die sollen dann bitte auch entsprechend verpackt sein.

#euleliest #sciencefiction #diereise #marinalostetter