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Forwarded from Jessica Hamed
#politikausserrandundband #covid19insverhältnissetzen #ovgniedersachsen #schliessungvonclubs

Gestern war zu lesen, dass die Regierung plant ab Anfang/Mitte September, „inzidenzunabhängig“ verschärfte Maßnahmen, wie der Zutritt ins Restaurant, Frisör usw nur für „3G“ geprüfte Menschen zu gestatten. Und gar nur für „2G“, unter bestimmten Umständen (Inzidenz ab 15,5?).

Während bei der #tagesschau hierrüber im Hinblick auf die Grundrechtseingriffe verharmlosend unter der Überschrift „weitere Corona-Regeln als Schutz geplant“ berichtet wurde: https://lnkd.in/dgXB_96N

Spricht die #bild zu Recht von „knallhart-Maßnahmen“: https://lnkd.in/dPb7i9Sb

Für mich hat die Regierung mit einem solchen Vorhaben jegliche Bodenhaftung verloren und zeigt dabei, dass sie den Werten eines freiheitlichen Rechtsstaats nichts abgewinnen kann. Um es unmissverständlich zu sagen: diese Pläne sind mE schlicht verrückt. Denn: es kann sich jeder ab 12 Jahre inzwischen selbst schützen, wobei bei Kindern und Jugendlichen keine besondere Gefahr von Covid ausgeht. Damit hat der Staat seine Schuldigkeit getan. Aber, wie befürchtet fällt es ihm schwer, sich aus dem Leben der Menschen wieder zurückzuziehen.

Die Regierung täte gut daran, sich die gestrige Entscheidung des OVG Niedersachsen zur Gemüte zu führen. Der Senat hat die Schließung von Clubs, Shisha-Bars und ähnlichen Einrichtungen bei einer Inzidenz von über 10 außer Vollzug gesetzt, denn, so heißt es in der PM:

„Der Senat hat dem Antrag im Hinblick auf § 9 Abs. 5 Corona-VO entsprochen. Es handele sich bei der Schließung der genannten Einrichtungen nicht um eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Insbesondere lägen die speziellen Voraussetzungen des § 28a Abs. 3 IfSG nicht vor. Diese Vorschrift sehe drei unterschiedliche Inzidenzbereiche (über 50, über 35, unter 35) vor. Dies schließe es aus, die derzeit angeordnete Schließung von Diskotheken, Clubs und ähnlichen Eirichtungen sowie Shisha-Bars bereits bei einem 7-Tage-Inzidenzwert von mehr als 10 anzuordnen. Unterhalb einer 7-Tage-Inzidenz von 35 kämen bei der im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Staffelung lediglich allgemeine Regelungen, wie Test- und Maskenpflicht sowie die Kontaktdatenerhebung, äußerstenfalls Zugangsbeschränkungen in Betracht. Generelle Betriebsschließungen einzelner Branchen seien damit nicht vereinbar.

Der Senat hat zudem darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf das Fortschreiten der Immunisierung der Bevölkerung und der damit verbundenen weitgehenden Beschränkung des Infektionsgeschehens auf weniger vulnerable (jüngere) Gruppen eine Anpassung der Schwellenwerte an die geänderte Sachlage erforderlich sei. Auf Grundlage der derzeit geltenden Schwellenwerte könnten schwerwiegende Grundrechtseingriffe nur noch für einen kurzen Übergangszeitraum gerechtfertigt werden.“


https://lnkd.in/dJQKkbDh
Forwarded from Jessica Hamed
#einreiseverordnung #eilantrag #unsozial #rechtswidrig #politikausserrandundband

Am 1.8. habe ich einen Eilantrag gegen die Testnachweispflicht gestellt. Die BZ berichtet darüber und interviewte dazu auch eine Betroffe, die - wie viele Menschen - von der hektisch eingeführten Testnachweispflicht im Ausland überrascht wurde. Eva Maria Vogt kommentiert:

„Ich finde es eine Unverschämtheit, dass so plötzlich Verordnungen erlassen werden, ohne den Menschen Zeit zu lassen, sich darauf einzustellen.

[…]

Ich habe ein dreijähriges Kind. Das spürt natürlich, wenn ich nervös werde, weil ich jetzt zu einem Testzentrum rasen muss, um vor der Abreise noch eine Bestätigung zu bekommen, obwohl Schweden noch nicht einmal Risikogebiet ist. Sie können sich vorstellen, welche Stress-Situationen da entstehen. Der Druck auf Eltern und Familien ist seit 16 Monaten enorm.“

Über meinen Eilantrag heißt es:

„Offenbar wächst der Unmut über die Einführung der Testpflicht unter den Deutschen: Die Mainzer Anwältin Jessica Hamed hat bereits einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin gegen die Einreiseverordnung gestellt. Sie begründet ihren Antrag mit der mangelnden Ermächtigungsgrundlage, der Tatsache, dass in vielen Ländern kein erhöhtes Risiko vorliege, einem Verstoß gegen den Schengener Grenzkodex, der Verletzung des Rechts auf Personenfreizügigkeit, der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen Geimpften und Ungeimpften und noch weiteren Argumenten.“

https://lnkd.in/gWQDnrMX

Den Antrag werde ich bald veröffentlichen. Dort heißt es ua:

„Die Antragstellerin erlaubt sich zudem noch die allgemeine Anmerkung, dass die hier beanstandete Testnachweispflicht vor allem Familien mit Kindern belastet und dabei insbesondere jene, die über ein geringes Einkommen verfügen. Das dürfte vermehrt auch Menschen mit Migrationshintergrund treffen, die etwa verreisen, um ihre Familie zu besuchen.“

Neben der aus meiner Sicht evidenten Rechtswidrigkeit der pauschalen, vom Infektionsgeschehen völlig entkoppelten Regelung - warum soll jemand der zB aus Polen, wo die Inzidenz bei unter 3 liegt, einen Test vorlegen? Meines Erachtens ist das ebenso als Schikane, wie die geplanten inzidenzunabhängigen „Regeln“ im Herbst.

Jedenfalls liegt das mildere Mittel - Test in Deutschland nach Einreise bis dahin Quarantäne - auf der Hand. Stattdessen werden insbesondere Familien mit hohen Testkosten belastet - so kommen in Spanien für eine vierköpfige Familie direkt bis zu 200 Euro zusammen.

Zudem werden die Menschen mitten im Urlaub damit überrumpelt, es gibt mE einen gewissen Vertrauensschutz, die Bürger*innen müssen sich wenigstens darauf verlassen dürfen, dass nicht während ihres Urlaubs – so kam die Ferienzeit nicht überraschend –, in der Sommerpause des Bundestags, ein Paradigmenwechsel stattfindet: Unwägbarkeit, die die unterschiedlich steigenden Fallzahlen mit sich bringen, sind gravierend genug.“
Forwarded from Jessica Hamed
#backtonormal #politikausserrandundband

Ein umsichtiger, kluger und damit äußerst lesenswerter Kommentar von Benjamin Knaack:

„Die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie würden enden, wenn alle ein Impfangebot bekommen hätten, hieß es. Nun wird plötzlich Druck auf jene ausgeübt, die es nicht annehmen wollen. So verspielt man Vertrauen.

[…]

Doch das klingt jetzt, da sich alle ohne Priorisierung impfen lassen könnten, ganz anders. Eine Rückkehr zur Normalität für alle Bundesbürger ist wieder in weite Ferne gerückt. Ungeimpfte sollten sich auf eine ungemütliche Zeit einstellen.

[..]

Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man abwägen muss, ob die Gefahr all das rechtfertigt: die Grundrechtseinschränkungen, die Bildungsmisere, das stille Leid der Kinder, die Verwüstung ganzer Wirtschaftszweige, die Radikalisierung eines Teils der Bevölkerung angesichts der mehr oder weniger offenen Androhung einer zumindest indirekten Impfpflicht. Man sollte sich fragen, ob nicht zu viel kaputtgeht in dem feingesponnenen Netz unserer Gesellschaft. Ob der Wille der meisten Bürger zur Befolgung der Regeln nicht überstrapaziert wird, wenn zu lange zu viel verlangt wird.

[…]

Den Weg der Verbote, Einschränkungen und des Drucks zu gehen, scheint für die Regierung alternativlos. Aber er ist es nicht. Vielleicht schaut die Regierung noch mal nach England oder Schweden. Ja, vielleicht schnellen die Infektionszahlen dort schneller höher als ohne Einschränkungen (wobei sie in England bereits wieder sinken). Aber diese Zahlen allein sind bei einer Impfquote von mehr als 51 Prozent doppelt Geimpften ohnehin nicht mehr die allein relevanten, wenn Todesrate und Hospitalisierungsquote stabil bleiben.

Die Verantwortung für die Gesundheit wieder in die Hände der Bürgerinnen und Bürger zu legen, statt weiterhin überall äußerste Vorsicht walten zu lassen, das sollte auch in Deutschland das Ziel sein. Damit wäre die Rückkehr zur Normalität eingeleitet, die Pandemie würde zumindest in den Köpfen zu Ende gehen, obwohl das Virus sich weiterverbreitet.

[…]

Will man den Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht weiter verwüsten, sollte die Regierung Anreize schaffen und überzeugen, um die Impfquote nach oben zu treiben, anstatt einem Teil der Bevölkerung zu drohen.

Vor allem aber sollte sie sich fragen, ob das Risiko, mehr Schritte in Richtung der alten Normalität zu gehen, wirklich größer ist, als sich von ihr zu entfernen.“

https://lnkd.in/d9erZC-q

Stattdessen wird davon fantasiert, 3G auch in Supermärkten zu verlangen - so zumindest der Focus heute:

„Egal ob bei Ikea, H&M, Deichmann oder bei Aldi Süd, Aldi Nord, Lidl oder Rewe laut Gesetzesentwurf soll die Nachweis- und Testpflicht für geschlossene Räume gelten.“

https://lnkd.in/d5sB9VQz
Forwarded from Jessica Hamed
#einreiseverordnung #rechtswidrig #politikausserrandundband

Wie angekündigt anbei unser Eilantrag vom 1.8. Für die Jurist*innen unter uns: spannend ist bereits die Frage des richtigen Antragsgegners.

Auszugsweise heißt es im Antrag:

„Die Antragsgegnerin hat mithin von dem erforderlichen Kriterium des erhöhten Infektionsrisikos…in rechtswidriger Weise Abstand genommen.

Die Regelung stellt letztlich alle anderen Staaten unter den nicht auf Tatsachen basierenden Generalverdacht einer erhöhten Gefährlichkeit und suggeriert damit auf befremdliche Weise, nur in Deutschland sei es sicher.

[…]

Vor dem Hintergrund, dass in beiden Ländern die Delta-Variante vorherrscht und inzwischen allgemeint bekannt ist, dass gegen Covid-19 geimpfte, aber dennoch infizierte Menschen genauso ansteckend wie ungeimpfte Menschen sind, stellt sich die vorliegende Ungleichbehandlung offenkundig als rechtswidrig dar.

[…]

Vor diesem Hintergrund begegnet auch der pauschalen Akzeptanz aller in Deutschland zugelassener Corona-Impfstoffe, unabhängig von der Wirksamkeit des jeweiligen Vakzins sowie ungeachtet des Zeitpunkts der Impfung – so startet Israel inzwischen die 3. Impfung -Bedenken.

[…]

Selbst wenn man nun annähme, dass das Infektionsrisiko bei Geimpften reduziert wäre, erweist sich die Ungleichbehandlung als systemwidrig. Ausdrückliches Ziel der Verordnung ist schließlich letztlich jeden Viruseintrag nach Deutschland zu vermeiden.

Mithin lässt sich die Privilegierung von Geimpften nicht mit dem Regelungszweck der Verordnung in Einklang bringen.

[…]

Die mildere Maßnahme wäre daher im Rahmen der Erforderlichkeit auch einen Test in Deutschland zuzulassen. […]

Abschließend ist zu konstatieren, dass die generelle Testpflicht, die abgekoppelt von jeglichem Infektionsrisiko besteht, unverhältnismäßig ist. Diese Ansicht teilte bis vor wenigen Tagen auch noch die Bundesjustizministerin Lambrecht.“

https://lnkd.in/deWEm2Qz

Ferner haben wir der Übertragung an den Einzelrichter widersprochen, denn:

„Es kann also keine Rede davon sein, dass es sich vorliegend um eine Rechtssache handelt, die keine besonderen Schwierigkeiten aufweist.

Darüber hinaus kommt der Streitsache eine besondere politische und soziale Tragweite zu.
Zwar wirkt eine für oder gegen die Antragstellerin getroffene Entscheidung zunächst nur inter partes.

Allerdings ergibt sich aus dem Gleichbehandlungsgebots, das aus Art. 3 Abs. 1 GG resultiert, dass der Staat im Falle des Obsiegens der Antragstellerin gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet wäre, die Rechtswirkung auf alle Bürger*innen zu erstrecken.“

https://lnkd.in/dVknkDZ6