"Sobald wir etwas aussprechen, entwerten wir es seltsam. Wir glauben die Tiefe der Abgründe hinabgetaucht zu sein, und wenn wir wieder an die Oberfläche kommen, gleicht der Wassertropfen an unseren bleichen Fingerspitzen nicht mehr dem Meere, dem er entstammt. Wir wähnen eine Schatzgrube wunderbarer Schätze entdeckt zu haben, und wenn wir wieder ans Tageslicht kommen, haben wir nur falsche Steine und Glasscherben mitgebracht; und trotzdem schimmert der Schatz im Finsteren unverändert."
Maurice Maeterlinck
Maurice Maeterlinck
"Jemand musste Joseph K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet."
Erster Satz von Franz Kafkas Roman "Der Process" (1925)
Erster Satz von Franz Kafkas Roman "Der Process" (1925)
"Ich will ganz ruhig sein", erwiderte Archie, " und absolut offen. Ich liebe meinen Vater nicht, ich frage mich manchmal, ob ich ihn nicht hasse. Das ist meine Schande, vielleicht meine Sünde, doch vor Gottes Angesicht ist es nicht meine Schuld. Wie sollte ich ihn auch lieben? Er hat nie mit mir gesprochen, er hatte nie ein Lächeln für mich; ich glaube nicht dass er mich je berührt hatte.
Er fürchtete sich mehr vor dem Tode als vor irgendetwas anderem und er starb wie er es erwartet hatte; während der erste Schnee des Winters fiel.
Robert Louis Stevenson, Die Herren von Hermiston
Er fürchtete sich mehr vor dem Tode als vor irgendetwas anderem und er starb wie er es erwartet hatte; während der erste Schnee des Winters fiel.
Robert Louis Stevenson, Die Herren von Hermiston
"Utopien erscheinen realisierbarer als man früher glaubte. Wir finden uns mit einer neuartigen, besorgniserregenden Frage konfrontiert: Wie sollen wir ihre endgültige Verwirklichung verhindern? Utopien sind verwirklichbar. Das Leben marschiert ihnen entgegen. Und vielleicht beginnt eine neue Ära, in der Intellektuelle und die Bildungsschicht darüber nachdenken werden, wie man Utopien verhindern und zu einer nicht-utopischen Gesellschaft zurückkehren kann, weniger perfekt und dafür freier."
Nikolai Berdjajew
zitiert in "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley
Nikolai Berdjajew
zitiert in "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley
"Und jetzt, wird wohl dies Unternehmen ohne Gleichen in den Annalen der Reisen ein praktisches Resultat herbeiführen? Wird man jemals eine direkte Verkehrsverbindung mit dem Mond einrichten? Wird man eine Fahrteinrichtung durch den Weltraum gründen, um die Sonnenwelt in Verkehrsverbindung zu bringen? Wird man einst von einem Planeten zum anderen, vom Jupiter zum Mercur, und später von einem Stern zum anderen, vom Polarstern bis zum Sirius reisen? Wird es einst durch eine Fahrgelegenheit möglich sein, die Sonnen zu besuchen, welche am Firmament wimmeln?"
Jules Verne, Reise zum Mond (1870 erschienen)
Jules Verne, Reise zum Mond (1870 erschienen)
"Ich bin ein freier Mensch
Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein. Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen, wenn ich es kann. Ich wünsche mir Chancen, nicht Sicherheiten. Ich will kein ausgehaltener Bürger sein, gedemütigt und abgestumpft, weil der Staat für mich sorgt.
Ich will dem Risiko begegnen, mich nach etwas zu sehnen und es zu
verwirklichen, Schiffbruch zu erleiden oder Erfolg zu haben.
Ich lehne es ab, mir den eigenen Antrieb mit einem Trinkgeld abkaufen zu lassen.
Lieber will ich den Schwierigkeiten des Lebens entgegentreten als ein gesichertes Dasein führen; lieber die gespannte Erregung des eigenen Erfolges als die dumpfe Ruhe Utopiens. Ich will weder meine Freiheit gegen Wohltaten hergeben noch meine Menschenwürde gegen
milde Gaben.
Ich habe gelernt, selbst für mich zu denken und zu handeln, der Welt gerade ins Gesicht zu sehen und zu bekennen, dies ist mein Werk:
Ich bin ein freier Mensch."
Albert Schweitzer (1875-1965)
Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein. Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen, wenn ich es kann. Ich wünsche mir Chancen, nicht Sicherheiten. Ich will kein ausgehaltener Bürger sein, gedemütigt und abgestumpft, weil der Staat für mich sorgt.
Ich will dem Risiko begegnen, mich nach etwas zu sehnen und es zu
verwirklichen, Schiffbruch zu erleiden oder Erfolg zu haben.
Ich lehne es ab, mir den eigenen Antrieb mit einem Trinkgeld abkaufen zu lassen.
Lieber will ich den Schwierigkeiten des Lebens entgegentreten als ein gesichertes Dasein führen; lieber die gespannte Erregung des eigenen Erfolges als die dumpfe Ruhe Utopiens. Ich will weder meine Freiheit gegen Wohltaten hergeben noch meine Menschenwürde gegen
milde Gaben.
Ich habe gelernt, selbst für mich zu denken und zu handeln, der Welt gerade ins Gesicht zu sehen und zu bekennen, dies ist mein Werk:
Ich bin ein freier Mensch."
Albert Schweitzer (1875-1965)
"Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher als die anderen."
George Orwell, Farm der Tiere (1945)
George Orwell, Farm der Tiere (1945)
Während die Mahlzeit vorbereitet wurde, knüpfte Michel ein herrlich banales Gespräch mit Mademoiselle Lucy an, das voll von jenen charmanten Albernheiten war, unter denen zuweilen die wahren Gedanken hervorbrechen.
Jules Verne, Paris im 20. Jahrhundert
Jules Verne, Paris im 20. Jahrhundert
„Nicht die Kinder bloß, speist man mit Märchen ab“
Ephraim Lessing, Nathan der Weise
Ephraim Lessing, Nathan der Weise
"Der Mensch beleidigt Gott, indem er seinen Nächsten tödtet, sprecht ihr. Wenn das ist, so sind die Regierer der Nationen entsetzliche Verbrecher; denn aus erbärmlichem Eigennutz, um nichtswürdiger Interessen willen, die sie lieber aufgeben sollten, liefern sie eine unsägliche Menge von Ihresgleichen an die Schlachtbank und rufen obendrein Gott dabei an. Allein wie sollten sie (philosophisch gesprochen) Gott dadurch beleidigen? Wie die Tiger und Krokodile ihn beleidigen. Offenbar ist es nicht Gott, den sie quälen, sondern ihr Nächster. Nur dem Menschen gegenüber kann der Mensch schuldig sein. Ein Straßenräuber kann Gott nicht bestehlen. Was liegt dem ewigen Wesen daran, ob eine Handvoll gelben Metalls in Hieronymus' oder Bonaventura's Händen ist? Wir haben nothwendige Wünsche, nothwendige Leidenschaften, nothwendige Gesetze, um sie zu unterdrücken; und während wir uns auf unserm Ameisenhaufen um einen Strohhalm zanken, geht das Universum seinen Gang nach ewigen und unwandelbaren Gesetzen, denen auch das Atom, was wir Erde nennen, unter worfen ist."
Voltaire (*1694), Über das Gute und das Böse in der physischen und in der moralischen Welt
Voltaire (*1694), Über das Gute und das Böse in der physischen und in der moralischen Welt