Die Macht des Alkohols
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In diesem Kanal geht es in erster Linie um die Alkoholsucht.
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Abhängig von Alkohol - Uwe war einer von rund 1,6 Millionen Deutschen, die alkoholabhängig sind. Nach fünf Entzügen hat er es geschafft. Warum es so schwierig ist, die Sucht zu überwinden.
Doku | 37 Grad

In unserer Leistungsgesellschaft müssen wir funktionieren. Schmerzen werden gerne schnell bekämpft. Mit rezeptpflichtigen und freien Medikamenten, die oft heftige Nebenwirkungen haben.

https://www.zdf.de/dokumentation/37-grad/37-nebenwirkung-sucht-100.html

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Als Kind schon süchtig: „Ich habe
diese Welt einfach nicht ertragen“
Von Jan Wöller
Schon mit 13 Jahren hat Juliane von Glowacki aus Rostock zum ersten
Mal zur Flasche
gegriffen.

Juliane von Glowacki litt jahrelang unter einer Alkoholabhängigkeit.foto: jan Wöller

Rostock/Barth. Juliane von Glowacki sitzt auf einer Betontreppe am Rostocker Stadthafen und blickt auf die Warnow. Ihre dunkelgrüne Jacke flattert im Wind. Die 39-Jährige war lange süchtig – und kann jetzt offen darüber sprechen. „Ich habe diese Welt einfach nicht ertragen“, sagt sie. „Bin aus der Realität geflüchtet.“

Ihre Droge: Alkohol. Mit 13 trank sie den ersten Wein. Doch dabei blieb es nicht. „Es hat ganz harmlos angefangen“, sagt sie. Mit 14 wurde es regelmäßig. Bis sie sich jeden zweiten Tag mit zwei Flaschen „Klarem“ bis zum Gedächtnisverlust betrank. Schon als Jugendliche wurde sie so abhängig.

„Ich war unzufrieden mit der Welt, mit der Familie, es gab viele Gründe“, sagt von Glowacki. In ihrer Heimatstadt Barth habe sie kaum Möglichkeiten gehabt, sich von ihren familiären Problemen abzulenken. Dies bestätigt auch Birgit Grämke. Laut der Geschäftsführerin der Landeskoordinierungs­stelle für Suchtthemen fehle es in vielen Teilen des Landes an Freizeitangeboten. Dadurch würden auch aktuell viele junge Leute zur Flasche greifen. „Am Anfang hilft es auch. Aber langfristig macht es alles viel schlimmer“, sagt von Glowacki. Damals hätten alle um sie herum getrunken.

Dank ihrer Tochter kam sie vom Alkohol zeitweise weg. Während der Schwangerschaft im Jahr 2008 habe sie keinen Schluck getrunken. Alkohol habe richtigen Ekel in ihr ausgelöst. Doch ein Jahr nach der Geburt zerbrach die Beziehung zu ihrem damaligen Partner. „Auch er hat getrunken“, sagt die Mutter. „Es war mehr eine Konsumbeziehung.“ Anschließend trank sie dann mehr als je zuvor. „Ich habe schon mittags angefangen zu trinken. Ich war nicht arbeitsfähig und konnte mich nicht um meine Tochter kümmern. Zu der Zeit war ich keine gute Mama“, gibt von Glowacki zu. Vier Jahre später beginnt sie ihre erste Entgiftung – weitere folgten. Nach jeder Entgiftung kehrt sie in ihre Heimatstadt Barth zurück – und damit in ihr altes Umfeld. So wird sie rückfällig.

„Ich war völlig depressiv und mit den Nerven am Ende. In meiner Verzweiflung habe ich Gott um Hilfe gebeten“, erzählt sie. Eine innere Stimme habe ihr dann gesagt, sie müsse Barth verlassen. „Ich habe dann ganz mechanisch meine Sachen gepackt und bin zum Jugendamt.“ Dort habe man ihr sehr geholfen. Ihre Tochter, damals neun Jahre alt, sei in eine Wohngruppe gekommen. Für sie selbst ging es in die Entgiftung nach Stralsund. „Da habe ich sieben Wochen stationär Psychotherapie gemacht.“ In der Gruppentherapie hätte sie zum ersten Mal das Gefühl gehabt, jemand würde sich wirklich für sie und ihr Wohlergehen interessieren. „Zum ersten Mal habe ich mich nicht verurteilt gefühlt.“

Nach den sieben Wochen folgen vier Monate Therapie in Rostock. „Ich konnte nahtlos weitermachen. Das war sehr wichtig.“ Von Glowacki ist überzeugt, wäre sie damals nach Barth zurückgegangen, wäre sie sofort rückfällig geworden. „Nur in Barth hatte ich wirklich das Bedürfnis, zu trinken.“

Nach der Therapie in Rostock ging es für sie für drei Monate nach Schwerin zur Adaption. „Nach dem kontrollierten Entzug musste ich lernen, allein trocken zu bleiben.“ Stück für Stück lockerten sich die Regeln. Sie bekam ein eigenes Zimmer, eigenes Geld, machte ein Praktikum in der Zahntechnik – den Beruf hatte sie mal gelernt, aber in diesem nie wirklich gearbeitet. Anschließend ging es für sie weiter ins betreute Wohnen nach Rostock. Dort lebt sie noch heute mit ambulanter Betreuung. „Sie helfen mir mit Papierkram und so.“ Die ersten zwei Jahre seien sehr anstrengend gewesen. „Wenn man mit etwas aufhört, muss man diese Lücke füllen“, erklärt sie. Eine Zeit lang habe sie gekifft – also Cannabis geraucht. „Die typische Suchtverschiebung“, aber auch das sei vorbei. Dann sei sie viel unter Menschen gegangen, das habe sie abgelenkt und kurz dachte sie, alles sei gut.
Dann kam Corona, sie konnte sich nicht mehr ablenken und die Probleme kehrten zurück.

„Ich habe dann angefangen, die Bibel zu lesen. Das hat alles verändert“, blickt sie zurück, wie sie es letztlich selbst geschafft hat, sich zu stabilisieren. „Je mehr ich gelesen habe, desto mehr verschwanden Gedanken und Überzeugungen, die mich früher belastet haben.“ Sie habe es früher mit Esoterik und Horoskopen versucht, das hält sie heute „für Blödsinn“. Doch ihr „Glaube an Jesus“ habe ihr geholfen. „Ich bin einer Gemeinde beigetreten, die ist wie eine große Familie.“ Seitdem sei ihr Verlangen nach der Flasche verschwunden.⁰
Trockenbau Barth.aac
6.1 MB
Sehr guter Bericht vom NDR 👍. Suchtkranke für Suchtkranke, in Barth und Stralsund.
Mögen viele durch diesen Artikel befreit werden von der Sucht.
Wer kann Plus Abo hat, kann sich den Artikel gerne anhören (ca. 8 min.), die #SVZ bietet diesen Service an.

https://www.svz.de/deutschland-welt/mecklenburg-vorpommern/artikel/steffen-krumm-war-lange-alkoholiker-heute-will-er-vorbild-sein-46114844